Ing100-Senatsempfang

Absolvent im Jahre 1940
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Rede von
Dipl.-Ing. Eduard R. Hellmann zum Senatsempfang
im Hamburger Rathaus am 3. Juni 2005 -

 

Dipl.-Ing. Eduard R. HellmannSehr geehrter Herr Staatsrat, sehr geehrter Herr Professor Dankert, meine Damen und Herren,

vielen Dank, Herr Professor Dankert, für diese Ehrung - aber Alter ist kein Verdienst, es sind die Gene meiner Eltern und die “aufpassende" Pflege meiner Ehefrau.

Herr Professor - Sie wollten gerne hören, wie wir damals, 1938 bei Studienbeginn unsere berufliche Zukunft geplant haben - schlicht und einfach: gar nicht. Im Gegensatz zur heutigen Jugend waren wir ziemlich “uninformiert". Es gab noch kein alles erfassendes Fernsehen. Wenn ich heute in den VDI-Nachrichten lese, wie man eine Karriere plant und Gehaltsgespräche führt, kann ich nur lächeln - so etwas gab es einfach nicht!

Ich bin ein typisches Beispiel jener Zeit: Ich wollte im Maschinenbau arbeiten und hatte mich bei der Firma Wilhelm Fette in Altona vorgestellt - o.k. - und sollte am nächsten Tag schon anfangen, aber ich wollte erst einmal ausgiebig Urlaub machen.

Man brauchte damals ein sogenanntes Arbeitsbuch - also hin zum Arbeitsamt. Der Empfang war schockierend! “Wo waren sie so lange? Wir warten schon auf sie! Das Examen war vor 2 Wochen! Urlaub können sie vergessen - wir haben Krieg! Montag Morgen melden sie sich pünktlich in Finkenwerder bei Blohm & Voss - Flugzeugbau - und keine Widerrede!”

Ich erhielt mein Arbeitsbuch - über 2 Seiten ein großer, grüner Stempel: “Zur Verfügung des Reichsluftfahrt-Ministeriums". Das war also meine Berufsplanung!

Gehalt? Es gab einen sogenannten “Reichstreuhänder der Arbeit", der hatte festgelegt: Anfangs-Gehälter 250,-- Reichsmark! Groß- Berlin und Groß-Hamburg 260,-- Mark. Das war also unsere Gehaltsplanung.

Bei Blohm & Voss Konstruktionsarbeit - mein Spezialgebiet: “Steuerungs-und Bedienanlagen" - im Wesentlichen von Flugbooten. 1943 abkommandiert zum Luftschiffbau Zeppelin, Friedrichshafen. In Verbindung mit den Firmen Messerschmidt und Mannesmann Konstruktion und Bau eines 6-motorigen-Transportflugzeuges. Rumpf und Flügel bestanden aus hochwertigen Stahlrohren - alle Knotenpunkte genau gefräst und dann verschweißt. Die Außenhaut bestand aus imprägniertem Gewebe - wir nannten die Me Z-323 liebevoll “Plastik-Bomber".

Ich habe erst sehr spät begriffen, dass der grüne Stempel in meinem Arbeitsbuch mir wohl das Leben gerettet hat! Ich wurde erst Ende 1944 zur Wehrmacht eingezogen - da hatte die “Partei" alle Planungen übernommen.

Über meinen kurzen militärischen Werdegang könnte ich abendfüllende Vorträge halten. Nach kurzer Kriegsgefangenschaft in den berüchtigten Lagern entlang des Rheins habe ich mich selbst “entlassen" und bin auf Umwegen auch heil bis nach Hamburg gekommen.

Richtige Ingenieur-Arbeit gab es nicht. Man nahm an, was irgendwie mit Technik zu tun hatte. Dann einen Job in einer Werks-Instandhaltung - also die ganze Bandbreite der Technik. Danach einen zukunftsträchtigen Job als Werks-Ingenieur bei der amerikanischen Firma 3M-Company in Düsseldorf.

Jetzt begann harte, aber interessante Arbeit: Aufbau von Instandhaltung und Ingenieur-Gruppen aller Fachgebiete. Start mit 3 Ingenieuren und einigen Schlossern. Endstand bei über 150 Mitarbeitern.

In den Jahrzehnten von 1957 bis weit in die 70er Jahre konnte man nur begrenzt Fach-Ingenieur-Büros finden und erfolgreich einsetzen - das änderte sich dann allerdings, so dass wir Personal reduzieren konnten.

Die Karriere war gut - über Abteilungs- und Hauptabteilungsleiter zum Bereichsleiter und Direktor des Ingenieurwesens in Deutschland mit einigen Funktionen in Europa.

Es war harte Arbeit - 60 bis 80 Stunden in der Woche und gute Bezahlung ohne Verhandlungen. Wer konnte schon verantwortlich neue Werke auf der grünen Wiese planen und aufbauen? Vom Grundstückskauf bis zur Inbetriebnahme der Produktionsanlagen. Mir hat die viele und interessante Arbeit Freude gemacht. Die menschliche Natur ist Gott sei Dank so geschaffen, dass man den vielen Ärger und Stress meistens schnell vergisst und nur das Gute in Erinnerung bleibt.

Die heutige Ingenieur-Arbeit ist ganz anders geworden. Unpersönlicher und ohne das Ganze zu sehen. Schlimm ist, dass viele junge Leute oft keine Verantwortung übernehmen wollen - ohne Risiko kein Erfolg! Ohne vollen Einsatz läuft auch heute nichts!

Ich wünsche den Absolventen der Hochschulen in Hamburg einen erfolgreichen beruflichen Werdegang.

Stawicki                                   Hildebrandt       Salchow                           Hellmann                Sankol           Dankert 

Die Rede von Dipl.-Ing. Eduard R. Hellmann war der Dank dafür, dass er und sein früherer Kommlitone
Ing. (grad.) Erich Hildebrandt aus Anlass ihres 65. Examensjubiläums geehrt wurden. Das Bild zeigt
die beiden Jubilare mit den Gratulanten
Prof. Dr. Michael Stawicki (Präsident der HAW Hamburg),
Staatsrat Dr. Roland Salchow ( Behörde für Wissenschaft und Gesundheit),
Prof. Dr. Bernd Sankol (Dekan des Fachbereichs Maschinenbau und Produktion der HAW Hamburg) und
Prof. Dr. Jürgen Dankert (Gesamtkoordinator der Feiern “100 Jahre Ingenieurausbildung in Hamburg”).

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