Meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Herr Professor Dankert, verehrte Gäste!Mein Dank geht zunächst an die SwingING Big Band der TU Hamburg-Harburg, die uns musikalisch beschwingt in die
Abschlussveranstaltung der zweitägigen Jubiläumsfeier gebracht hat. Im Namen des Senates der Freien und Hansestadt Hamburg heiße ich Sie willkommen im Hamburger Rathaus.
Der Senat freut sich sehr über die Initiative aus den Hochschulen, 100 Jahre Ingenieurausbildung in Hamburg als markantes Datum nicht einfach zur Kenntnis zu nehmen, sondern zu feiern. Es ist
schön, dass das große Engagement der beteiligten Hochschulen – der HAW, der TUHH und der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr – zu einem eindrucksvollen Jubiläum geführt hat.
Ich komme gerade aus dem schönen, aber fernen Quedlinburg, und habe bei der Kultusministerkonferenz Hamburger Interessen in der Wissenschaftspolitik vertreten. Studiengebühren,
Rechtschreibung, Forschungsförderung und dergleichen. Jetzt habe ich einige Stunden der Rückfahrt in den Knochen.
Auf der Rückfahrt habe ich jedenfalls einige altbekannte und
wichtige Herausforderungen an die deutsche Ingenieurskunst entdeckt: z.B. eine Transrapid-Verbindung Hamburg – Quedlinburg, oder etwa
verbesserte, noch ergonomischere Autositze. Bei letzterem scheint die Realisierung wahrscheinlicher, ein Transrapid in Deutschland ist nicht zu erwarten! Warum eigentlich nicht ?
In Deutschland haben wir in der Tat seit manchen Jahren eine Technikaversion zu
spüren, die in Elternhäusern und Schule weitergereicht wurde. Aber ich erinnere daran, dass der Wohlstand Deutschlands - kaum mag man so reden heutzutage –
am erfolgreichen Export lag. Und was haben wir über die Jahrzehnte erfolgreich exportiert ? Die Ergebnisse von Technik, Ingenieurleistung, Maschinen, Geräte, Software, und dies.
Es ist häufig beklagt worden, dass in Deutschland zu wenig junge Leute sich ausbilden lassen in den Bereichen Technik und Naturwissenschaften. Ich glaube nicht, dass Grund dafür nur die vorübergehend schlechten Aussichten auf dem
Arbeitsmarkt waren. Vielmehr hat sich in der Gesellschaft einerseits eine gewisse Technikfeindlichkeit breitgemacht, hochgeknetet auch durch gewisse Kreise in der
Politik. Der Transrapid wurde in Deutschland entwickelt und wird in China realisiert. Über den Airbus - Bau wurde jahrelang gestritten. Gegen neue ICE-Trassen wird gewettert.
Und es hat sich breit gemacht eine gewisse Unlust zum angestrengten Arbeiten und zur Bevorzugung bequemer Biographien. Das ist dann auch in
der Schülergeneration angekommen, wie wir an der PISA-Studie bemerken. Wohin ein Land wie dieses erfolgreich navigieren soll, wenn Technik
und Naturwissenschaft zum Ballast der Unlust wird, ist mir schleierhaft. Als Physiker füge ich hinzu: Sie, verehrte Diplom-Ingenieure, haben sich der Angestrengtheit des Arbeitens nicht
entzogen, und das verdient heutzutage Respekt.
Sie sind im Rathaus dieser
Stadt, irgendwie auch ohne Technik nicht denkbar. Die erste Fernwärmeanlage Deutschlands wurde seinerzeit hier installiert. Ingenieurkunst.
Wir befinden uns im Großen Festsaal, einem der 647 Räume des Rathauses. Die
Wände sind mit Szenen aus der Geschichte Hamburgs gestaltet, die vor allem maritim und von Hafen und Handel geprägt war. Diese Bedeutung hat sich auch in der sehr umfangreichen Darstellung des Hamburger Hafens zu Beginn
der 20. Jahrhunderts – also vor gut 100 Jahren – widergespiegelt.
Der Aufstieg Deutschlands zu einer führenden Handelsnation brachte Hamburg den Hafenboom, 1912 den Bau der “Imperator”, das (damals)
größte Schiff der Welt.
Das brachte die Erkenntnis, dass ein solcher Boom ohne technische
Innovationen und gut ausgebildete Menschen nicht auskommt. Aus diesen Überlegungen wuchs die Idee, eine Ingenieurausbildung – gerade für Schiffbau und Werftindustrie – in Hamburg zu etablieren.
1905 sah man die Notwendigkeit, sich technisch weiter zu entwickeln und nicht auf der Stelle zu treten, jungen Menschen die Chance auf gute Ausbildung zu geben – in der berechtigten Erwartung, dass die Ausbildung
junger Ingenieure nicht nur diese selbst voranbringen würde, sondern die Gesellschaft insgesamt. “Vorsprung durch Technik” – so to say.
Während also die Wände hier im Großen Festsaal von einer großen
Vergangenheit berichten, weisen die Jubiläumsfeiern zu 100 Jahre Ingenieurausbildung in Hamburg mindestens ebenso sehr in die Zukunft,
wie sie den Rückblick auf die Vergangenheit nehmen. “100 Jahre Ingenieurausbildung – Willkommen in der Zukunft” – das ist in diesem Zusammenhang das richtige Motto.
Hafen, Handel und Technik werden auch zukünftig eine entscheidende Rolle für unsere Stadt spielen. Wir wissen auch, dass wir uns breiter
aufstellen müssen, dass wir neue Bereiche entwickeln und ausbauen müssen, wenn wir auch zukünftig erfolgreich sein wollen.
“Vorsprung durch Technik” bleibt daher das Leitmotiv, und die Ingenieurswissenschaften spielen für Hamburgs Zukunft eine große Rolle: Mit den
Medizin- und Lebenswissenschaften, mit Nano Science, mit der Luftfahrt oder der Logistik haben wir als Senat Zukunftsschwerpunkte in unserem
Konzept ‚Metropole Hamburg - Wachsende Stadt’ definiert, deren Entwicklung ganz elementar von unserer Leistungsfähigkeit in den
naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen abhängt. Wir brauchen Spitzenforschung und Spitzentechnologie in diesen Bereichen.
Und dafür setzen wir auch die politischen Prioritäten. Langfristiges Ziel ist es, die erheblichen Wachstumspotentiale weiter zu entwickeln und
Hamburg auch international zu einer führenden Metropole zu machen.
Wir haben in Hamburg eine gute Ausgangsbasis: Kompetenzen in der Werften-, der Luftfahrt- und der Automobilindustrie, leistungsstarke
Firmen in der Medizin- und Biotechnologie, eine ausbaufähige Basis in der Nanotechnologie und innovative Firmen im wichtigen Logistikbereich. Und gute Hochschulen werden noch stärker als bisher einen Standortvorteil im
Wettbewerb der Städte und Regionen mit sich bringen.
Dabei bleibt es nicht aus, dass sich auch eine erfolgreiche deutsche Ingenieurausbildung neuen Herausforderungen stellt. Die besteht meines
Erachtens in den kommenden Jahren vor allem in zwei Bereichen:
Erstens muss Nachwuchs verstärkt gewonnen werden. Wir brauchen mehr Hochschulabsolventen für hochqualifizierte Jobs – gerade im
technisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Daher gilt es, frühzeitig die Begeisterung von jungen Leuten an Naturwissenschaft und Technik zu
wecken. Dazu gibt es bereits eine Vielzahl an Initiativen. Und ein besonderes Augenmerk gilt dabei dem Nachwuchspotential bei jungen Frauen.
Gerade bei ihnen muss durch entsprechend frühzeitige Information und attraktive Angebote ein gewisses Rollendenken überwunden werden, dass oftmals der Aufnahme eines naturwissenschaftlich-technischen Studiums entgegensteht.
Die zweite Herausforderung besteht in der Umsetzung des Bachelor-Master-Systems auch in den
Ingenieurwissenschaften. Diese Umstellung bringt den für viele Ingenieure schweren Abschied vom althergebrachten Diplom mit sich. Wir sollten uns jedoch nicht zu sehr an der Namensgebung eines Abschlusses festhalten:
Das japanische BaMa-System hindert japanische Ingenieure nicht daran, gute Autos, hervorragende Digitalkameras oder wettbewerbsfähige EDV-Produkte herzustellen. Wir sollten daher nicht den
Untergang des Abendlandes mit der Einführung dieses neuen Studiensystem prophezeien, sondern die Chance ergreifen, Lehrinhalte zu modernisieren, flexibler auf sich ständig verändernde Anforderungen in Lehre und
Forschung reagieren zu können und bei alledem eine internationale Perspektive durch europaweit einheitliche
Studienabschlüsse im Blick zu behalten. Die große Tradition von einhundert Jahren Ingenieurausbildung wird auch im neuen Studiensystem ihre Fortsetzung finden.
Ich möchte Herrn